Kgl. priv. Schützengesellschaft Oberstdorf 1557

Margitte und Christian RapsAnlässlich unser Feier zum 450-jährigen Bestehens der Kgl. priv. Schützengesellschaft 1557 Oberstdorf im Jahr 2007 hat Margitta Raps eine Chronik zusammengetragen.

Chronik der „Königlich priv. Schützengesellschaft Oberstdorf 1557"
Zusammengetragen von Margitta Raps.
(Die jeweilige Quellenangabe liegt vor.)

In alten Aufzeichnungen ist aufgeführt, dass die Geschichte der Oberstdorfer Schützen bis ins späte Mittelalter zurückführt.
Das Jahr 1557 galt bis vor wenigen Jahren als das Gründungsjahr.
Nachdem ich für die Chronik zum 450-jährigen Vereinsjubiläum in verschiedenen Archiven und Büchern stöberte, kam ich an Dokumente, in denen die Oberstdorfer Schützen schon mehrmals vor dem angenommen Gründungsjahr genannt wurden. Deshalb ist anzunehmen, dass die Gesellschaft schon wesentlich früher und mindestens ein halbes Jahrtausend Bestand hat.
Somit ist dieser Verein nicht nur der älteste Verein in der Marktgemeinde Oberstdorf sondern vermutlich auch mit einer der ältesten Vereine im Gau Oberallgäu. 

 

1490 - kehrten die Allgäuer, die in Schwabmünchen in einer Unterstützungsaktion mit den Augsburgern eingezogen waren, wieder zurück. Müde vom langen Rückmarsch trafen die Oberstdorfer Schützen, ohne Verluste erlitten zu haben, in ihrer Heimat ein.

1521 – wurden erstmals Schützenfeste in Oberstdorf erwähnt.

1536 – die 298 Hofstätten des Gerichts Oberstdorf stellten 299 Milizleute, darunter 75 Schützen.
1540 - besaßen bereits 76 Männer ein Feuergewehr.

1550 – Im Archiv des Hochstifts Augsburg befindet sich ein durch Wasserschaden stark beschädigtes Schriftstück, worin bezüglich Oberstdorf folgendes zu lesen ist: Jacob Mutter, Steffan Zwenng, Bernhard Kappeler... eine Buchs. Aufgrund weiterer Eintragungen ist anzunehmen, dass die Liste um 1550 angefertigt wurde, was das Gründungsjahr 1557 bestätigen könnte.
-Westlich der Trettach bei der Schießhütte (am Kohlplatz wurden in selben Jahr schon Schießübungen veranstaltet).

1552 – gab es in Oberstdorf schon die Schützengesellschaft mit eigener Schießstätte.
Wie auch in der Urkunde vom 1. Februar 1581 erwähnt „das Gässelein bei den obern zway Schmidten, die vom Dorfbach bis zur Kohlstatt gegen die Schiesshütte geht."

1625 – Seit dieser Zeit wurden im Pflegeamt Rettenberg, zu dem auch Oberstdorf gehörte, eine jährliche Summe von 180 Gulden für Schützenübungen zugewiesen. Diese Förderung war für den Fall einer erfolgreichen Abwehr bestimmt. Dieser Satz sagt deutlich, wofür der Schütze seinen ehrenvollen Namen erworben hat. Damals war er zur Abwehr von Gefahren und zum Erbauen von Schanzen, also zum Schützer der Heimat bestimmt. Was sie während des 30-jährigen Krieges durch die immer wiederkehrenden Einmärsche der schwedischen Söldner und später durch die kaiserlichen Kriegstruppen leisten mussten.

1639 - Nach den Pestjahren und während des 30-jährigen Krieges war das Schützenwesen in Verfall geraten. Erst am 11. August 1657 wurde von der fürstlichen Hofkammer zu Dillingen auf ein Bittgesuch der Untertanen der vier Gerichte der Herrschaft Rettenberg bestimmt, dass jährlich 10 Gulden für die Schützen zu verabfolgen sind. So konnten wieder Schützenkreise mit Preisschießen angesetzt werden.

1708 – wurde eine neue Schießhütte an der Trettach auf den Platz gebaut.

1749 – eine neue Schießverordnung durch Erlaß von Joseph Ignaz Philipp, Landgraf v. Hessen-Darmstadt und Bischof von Augsburg kam heraus: „Es ist verboten, außerhalb der allgemeinen Schießhütten Schießübungen abzuhalten, auch wegen Störungen des Wildes und Irreführung der Jäger. Die Kugelbixen sind offen zu tragen und der Schütze muss auf geradem Weg zur Schießhütte gehen."
Immer wieder fanden Vortl- und Preisschießen auf Scheiben statt.

1754 – Ulrich Vogler als Gemeinderat und in seiner Eigenschaft als Schützenobmann sowie die beiden Schützenmeister Joseph Fischer und Michael Huber und einige hiesige Schützen haben ohne jegliche Anfrage beim Gemeinderat begonnen, die Schießstätte vom Plattenbichl ins Bannholz zu verlegen. Darüber haben sich viele hiesige Bürger beschwert, weil weder Menschen noch die Gassenkühe nach Bedarf dort vorbeigehen können. Es ist daher vom Gemeinderat beschlossen worden, dass man, nach altem Brauch, bei der bisherigen Schießstätte bleiben soll und die Schießscheiben weiterhin am Plattenbichl aufzuhängen seien. Die Kosten tragen die, die sie verursacht haben und diese sind auch verpflichtet, den Platz am Bannholz wieder in den ursprünglichen Zustand zu versetzen.

1800 – Bis zu den Franzosen-Kriegen herrschte ein reges Schützenleben in den Vereinen des Tigens Rettenberg. Das Königsschießen wurde eingeführt und eine neue Schützenordnung aufgestellt.

1805 - Von der Umwälzung in Europa nach dem Jahr 1805 waren auch die Schützenvereine betroffen und die Aktivitäten kamen fast zum Stillstand.

1858 – Leo Dorn, der in Oberstdorf geborene spätere Adlerkönig und Mitglied im Verein war ein hervorragender Schütze und hat im Oberallgäu das Schießen mit Spitzkugeln und ab dem Jahre 1867 das Zimmerstutzenschießen eingeführt.

1890 – Ein neues Schützenhaus aus Holz, aber noch ohne Kamin und Herd wurde am Faltenbach auf Gemeindeboden, am heutigen Standort erbaut.
1902 wurde es durch eine Kegelbahn erweitert.

1903 – fand ein Preisschießen mit 50 Schützen statt.

1906 – wurde die Vereinsfahne geweiht,
Patenverein war die kgl. priv. Schützengesellschaft Sonthofen 1500,

1908 – Anschaffung einer Schützenkönigskette. Erster König war Josef Fidel Huber.

1925-1928 – Der Grund auf dem das Schützenhaus steht wird von der Ortsgemeinde Oberstdorf dem Verein überlassen. Als Gegenleistung zum Tausch gab Karl Richter sein Gemeinde- und Weiderecht in der Meyersoywiese der Gemeinde als Spende für den Verein.
Abbruch der alten Schießhütte mit Neubau des Schützenhauses mit Kegelbahnen.
Der Verein hatte zu diesem Zeitpunkt insgesamt 192 Schützen aufzuweisen.
1. Schützenmeister war bisher Magnus Haas, er wurde von Josef Haggenmiller abgelöst.

1929 – Anlässlich der Inbetriebnahme des neuen Schützenhauses und Schießstandes wurde ein Eröffnungsschießen durchgeführt. Geschossen wurde an acht Ständen; die Schießentfernung betrug 130 Meter. Außerdem fand ein großes Oktoberfest in einem Riesenzelt auf der Schützenwiese der Königl. priv. Schützengesellschaft statt.

1938 – Ein Schießstand für Kleinkalibergewehre wurde auf die vorgeschriebene Distanz von 50 Metern angelegt. Auch Pritschen für verschiedene Anschlagsarten wurden gefertigt.
1939 wurde dieser KK Stand mit einem Eröffnungsschießen eingeweiht.

1944 – am 5. November fand das letzte Schießen auf dem Kleinkaliber-Stand statt. Sepp Joas erzielte mit dem letzten Schuss die Königswürde 1944-45.

1945 – Das Gasthaus Schützenhaus wurde beschlagnahmt und diente als Schulgebäude.
Als der Krieg endlich zu Ende ging, gehört zu den ersten Maßnahmen der Sieger, die Aufforderung unter Androhung der Todesstrafe, Waffen sofort abzuliefern um diese zu vernichten. Damit hörte der Schießbetrieb im Schützenverein für unbestimmte Zeit auf.
Viele Schützenkameraden waren inzwischen gefallen oder vermisst.

1949 – Rückgabe des Gebäudes von der Militärregierung an die ehemaligen Mitglieder der Königl. priv. Schützengesellschaft Oberstdorf 1557 mit der Auflage, hier künftig gesellige Veranstaltungen durchzuführen. Die Versammlung beschloss die Umbenennung des Vereins in „Kegelverein Oberstdorf e.V."

1951 – Bei der Generalversammlung zählte der Verein 138 Mitglieder. Einige ehemalige Schützen äußerten den Wunsch, doch bald den Schießbetrieb wieder aufzunehmen. Einstimmig wurde beschlossen die Bezeichnung „Kegelverein e.V." zu streichen und sich wieder auf den Namen „Königlich privilegierte Schützengesellschaft Oberstdorf" einzutragen. Durch Spenden kauften die Oberstdorfer zwei Luftgewehre und machten durch viele freiwillig geleistete Arbeitsstunden den Schießstand wieder funktionsfähig.

1952 – zur Fahnenweihe nach Niedersonthofen wurden die Oberstdorfer mit der Bitte um Übernahme der Patenschaft geladen.
In diesem Jahr wurden Gerle Germana und Thea Übelhör als aktive Schützenfrauen aufgenommen.

1953 – nach acht Jahren gab es endlich wieder einen neuen Schützenkönig und zwar als erster Schützenmeister Josef Braxmair.
Dass die Kette den Krieg überstanden hat, ist auch der Stiefmutter von Joas Sepp zu verdanken. Denn sie hat die äußerst wertvolle Kette, die über die Kriegs- und Nachkriegszeit außerhalb des Ortes unter einer Scheune versteckt war und von einem in der französischen Armee dienenden Marokkaner entdeckt wurde, nur durch Flehen und Bitten auf ihren Knien wieder zurückbekommen.

1954 – Der Verein veranstaltete das 3. Oberallgäuer Gauschießen. An 15 Ständen im Schützenhaus und weiteren sechs Notständen nördlich des Hauses waren 260 Teilnehmer beteiligt.
Es fand ein großer Festumzug, der durch Böllerschüsse eröffnet wurde statt.

1957 – zum 400-jährigen Bestehen fand ein Jubiläumsschießen mit 406 Schützen statt.
Nach altem Brauch wurde im „obersten Dorf" kein großes Fest gefeiert ohne dass man vorher dem Herrgott die geziemende Ehre und den Dank erweist. Auch dieses Fest begann nach dem Weckruf mit einem Gottesdienst. Der Verein zählte 259 Mitglieder.
Auch Hindelang feierte das 400-jährige Bestehen des Vereins und bat uns, bei der Fahnenweihe die Patenschaft zu übernehmen.

1964 – Der aufgelöste Schützenverein Birgsau überließ den Oberstdorfer Schützendamen ihre Kette, damit der Verein in Zukunft auch eine Schützenkönigin inthronisieren konnten.

1965 – Nach vier Jahren Planungs- und Bauzeit wurde die KK-Schießanlage mit elektrischen Zugscheiben bei einem Eröffnungsschießen in Betrieb genommen. Leider wurde dieses Schießen durch einen tragischen Unfall mit Todesfolge überschattet.
Zum zweiten Mal fand in Oberstdorf das Gauschießen mit einer Rekordbeteiligung von 450 Schützen statt. Der Festumzug war ebenfalls ein großer Erfolg.

1968 – Das erste Kleinkaliberschießen um den Wanderpreis der Kurverwaltung wurde mit einer Beteiligung von 82 Schützen durchgeführt.

1971 – Beim 20. Oberallgäuer Gauschießen in Oberstdorf beteiligten sich 407 Schützen. Wegen der großen Beteiligung fand die Preisverteilung in der Oybele Festhalle statt. Ein großer Festzug war der Höhepunkt der Veranstaltung.

1983 – Erstmals wurde ein Schüler Schützenkönig und zwar Hans Menz, der die Herrenkette erhielt. Wegen der steigenden Zahl an Jungschützen erwarb der Verein eine Schützenkette für die Jugend.
1984 – wurde die Damenkönigskette, die seit 1964 im Besitz des Vereines war, vom wieder neu gegründeten Schützenverein Stillachtal zurückgefordert und auch übergeben. Mit den schon vorhandenen Schützentalern konnte eine neue schöne Kette für die Damen zusammengestellt werden.

1985 – Ein Jagd- und Sportschießen im KK-Stand wurde von 175 Schützen besucht.

1986 – Zum vierten Mal fand das 28. Oberallgäuer Gauschießen unter der Leitung des
1. Schützenmeisters Sepp Rietzler im Eislaufzentrum auf 40 elektrischen Ständen statt. Es kamen 935 Schützen und Schützinnen an den Stand. Dies war ein absoluter Teilnehmerrekord im heimischen Gau.
- Da die alte Fahne von 1906 sehr brüchig war, wurde eine wunderschöne gestickte Fahne bestellt.
Ein Feldgottesdienst mit Pfarrer Karl Rottach wurde nebst Fahnenweihe bei strahlendem Sonnenschein im Kurpark gefeiert. Die „Kgl. priv. Schützengesellschaft Hindelang 1557" war der Dettlesverein.
Nachmittags fand ein großer Festumzug mit allen geladenen Vereinen, darunter 13 Musikkapellen, 2 Kutschen und 7 Festwagen statt. Anschließend war eine festliche Feier in der Oybelehalle.
-Für die Herren wurde eine neue Schützenkette angeschafft, da die alte seit 1908 zu schwer und auch zu wertvoll wurde. 2013 wurde diese Kette als Leihgabe ins Oberstdorfer Museum gegeben, damit sie von Interessierten bewundert werden kann.

1987- Wurde erstmals ein Oberstdorfer Vereineschießen durchgeführt. 50 Mannschaften aus verschiedenen Vereinen mit je vier Schützen gingen an den Stand. Diese Veranstaltung findet bis heute jährlich im November statt.
-Für langjähriges Wirken und besondere Verdienste um die Pflege und Entwicklung des Sports erhielt die „Königlich priv. Schützengesellschaft Oberstdorf 1557" die Sportplakette des Bundespräsidenten Richard von Weizäcker und einen Ehrenteller des Bayerischen Staatsministeriums München (Alter des Vereins 431 Jahre). 1. Schützenmeister Sepp Rietzler nahm in München die Ehrung entgegen.

2005 – Bauliche Veränderungen am Luftgewehrstand durch Vergrößerung des Standes und Schaffen einer Umkleidefläche, da inzwischen die meisten Schützen mit Schießhose, Jacke und Schießschuhen schießen. Einweihung des neuen Schießstandes durch Herrn Regionaldekan Peter Guggenberger und Pfarrer Helmut Leipold, mit Eröffnungsworten durch Bürgermeister Thomas Müller.

2006 – Bei der Sportlerehrung in Fischen erhielten die Oberstdorfer Schützen die Gaustandarte für ein Jahr.

2007 – Zum 450-jährigen Jubiläum fand zum fünften Mal in Oberstdorf im Schützenhaus das Gauschießen statt. Dazu wurden in der Kegelbahn zu den vorhandenen 12 Ständen noch weitere 9 Schießstände eingebaut. Es haben 464 Schützen und Schützinnen teilgenommen. Die Preisverteilung des 35. Oberallgäuer Gauschießens fand unter der Leitung des
1. Schützenmeisters Christian Raps im „Oberstdorf Haus" statt.
Ein Schützenumzug vom Bahnhof zur Kirche, mit Festgottesdienst in Anwesenheit der örtlichen Vereine und den Schützen aus dem Gau Oberallgäu und dem kleinen Walsertal fand statt. Anschließend ein Festabend im großen Kursaal.
Zu diesem Anlass wurde eine eigene Vereinschronik von Margitta Raps verfasst.
Der Verein zählte im Jubiläumsjahr 201 Mitglieder.

2012 - Das 25. Vereineschießen mit einem Besucherrekord von 376 Schützen fand statt.
An der Preisverteilung konnten wir dank großzügiger Spenden von einigen Oberstdorfer Geschäftsleuten viele schöne Preise vergeben.

Wir gedenken mit Respekt und großer Achtung unserer Vorfahren, die zum Wohle unserer Gesellschaft trotz Kriege, Pestzeiten, Hungersnöten, großer Armut und eigenen Entbehrungen über so viele auch schicksalhafte Jahrhunderte den Verein zusammen hielten. Dies alles konnte nur durch ein tatkräftiges Miteinander und einem guten Zusammenhalt über mehr als zwanzig Generationen Bestand halten.

Wir wünschen uns und unserem Verein, dass auch wir, die in der heutigen Zeit Lebenden, voller Stolz auf unsere Wurzeln und unser Erbe blicken.
Auch wir sollten einig zusammenstehen und Achtung und Respekt unseren Schützenkameraden gegenüber pflegen, damit auch wir in Zukunft Bestand haben und dann irgendwann auch für unsere Vereinsnachkommen Geschichte schreiben dürfen.